Zusammen kochen, gemeinsam essen: So wichtig sind Mahlzeiten für uns

Zusammen kochen, gemeinsam essen: So wichtig sind Mahlzeiten für uns
25. März 2022 Maria
zusammen kochen, gemeinsam essen

Keine Frage, unser Körper braucht Nahrung. Sie versorgt uns mit lebenswichtigen Substanzen, liefert die nötige Energie, um aktiv und gesund zu bleiben. Und doch ist es ebenso klar, dass Nahrungsaufnahme und Essen viel mehr bedeuten, als die Deckung eines Grundbedürfnisses. Was zusammen kochen und gemeinsam essen tatsächlich alles sein kann, erfährst du in diesem Beitrag!

Die Bedeutung des gemeinsamen Essens

Mit wem, wie und was essen wir?

Ganz zu Beginn unserer Menschheitsgeschichte hatte das Teilen der Beute wahrscheinlich hauptsächlich praktische Gründe – nicht jeder konnte auf die Jagd gehen oder war automatisch erfolgreich dabei. 

Jahrtausende später bedeutet eine Essenseinladung bei Hofe, dass sich der- oder diejenige in einer privilegierten Position befand. Und überhaupt: In früheren Zeiten waren Vereinbarungen, die bei Tisch gemacht wurden, mehr wert als eine Unterschrift. Verträge wurden damals schon und werden auch heute noch mit gemeinsamen Essen fixiert. Zwar hat das heute keine rechtliche Bedeutung mehr, aber die symbolische Wirkung ist nach wie vor ohne Zweifel aufrecht. Das gilt im Berufsleben genauso wie in der Politik.

Auch wenn wir heute oft alleine essen, Fertigprodukte und Lieferdienste Hochkonjunktur haben – der Akt der Nahrungsaufnahme in Gemeinschaft mit anderen ist in den meisten Kulturen fest etabliert. Der Wunsch nach Gesellschaft beim Essen reicht vom gemeinsamen Familienmahl über das Kaffeekränzchen hin zum Business-Lunch – jede Variante ist denkbar. Unter dem Stichwort „Food Porn“ veranschaulichen virtuelle Tischnachbarn dieses soziale Verlangen und der Online-Austausch von Fotos und Videos rund ums Essen bestätigen es. Online-Foren, Blogs, Magazine, Kochbücher und vieles mehr rund ums Essen und Kochen boomen.

Gemeinschaft ist von Beginn an wichtig

Gemeinsames Essen sozialisiert. Kinder bekommen über die Gespräche bei Tisch quasi nebenbei einen ersten Zugang zu Allgemeinwissen, Werte und Umgangsformen werden ihnen vermittelt. Das gemeinsam eingenommene Mahl stärkt die Zusammengehörigkeit und hat positiven Einfluss auf Ernährungsweise und die Prägung des Geschmacks. Sie lernen ihre eigene und die Position der anderen innerhalb der Familie kennen und verinnerlichen Regeln in sozialen Gruppen.

Gemeinsames Essen ist für uns Menschen ein soziales Ereignis und ein Ritual. Die Art wie, mit wem und was wir essen bestimmt unsere soziale und kulturelle Identität. Über das Essen erfahren wir etwas über die Einteilung innerhalb einer Gesellschaft und es bewirkt eine Eingliederung in ein bestimmtes soziales Umfeld. Wenn man sich anschaut, wie so manche Sitte rund ums Thema Essen in anderen Kulturen aussieht, kommen wir oftmals aus dem Staunen nicht heraus. Was bei uns gern gesehen wird, nimmt man in deren Teilen der Welt ja schon fast als Beleidigung war. Dazu später gleich mehr. Es steht jedenfalls fest, dass wir unsere Tischmanieren quasi mit der Muttermilch aufsaugen.

Was Studien zum gemeinsamen Essen sagen

Es gibt so gut wie zu jedem spannenden Thema zumindest eine Handvoll noch interessanterer Studien. So fand der Psychologe John De Castro heraus, dass wir in Gesellschaft eindeutig mehr essen als alleine. Wollen wir jemanden beeindrucken oder uns anpassen, essen wir weniger. Sitzen wir neben beleibten Menschen beim Essen, fällt unsere Portion, die wir zu uns nehmen geringer aus. Sehen wir einem schlanken aktiven Menschen zu, der das Essen in sich hineinschlingt, essen wir mehr.  

Untersuchungen der Humboldt-Universität Berlin ergaben, dass sich gemeinsames Essen zwar nicht unbedingt positiv auf die eigene Stimmung auswirkt, aber es tritt eine generelle Entspannung ein. Die Tischnachbarn werden sensitiver gegenüber negativen Emotionen (über Gesichtsausdrücke) der anderen am Tisch. Diese psychologischen Effekte erleichtern es möglicherweise in angespannten Situationen eher eine Einigung zu erzielen.

Wie wichtig uns Essen (und Kochen) ist zeigen aber nicht nur Studien, sondern auch unsere Sprache: Frustessen, Heißhunger, Hungerkur, Hungerstreik, Stressessen … sowie Sprichwörter und Redewendungen wie: “Liebe geht durch den Magen” oder “Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen” sind sicherlich die bekanntesten Vertreter.

Vor dem Essen kommt das Kochen

Warum und wie zusammen kochen?

Als soziale Lebewesen lieben wir Menschen das Gefühl der Zusammengehörigkeit und des Zusammenhalts. Gemeinsame Aktivitäten und Erlebnisse stärken und festigen zwischenmenschliche Beziehungen. Das gemeinsame Essen entwickelte sich historisch sicherlich vor dem gemeinsamen Kochen. Dieses kam erst nach der Entdeckung und Nutzbarmachung des Feuers. Im heutigen Leben angekommen, fördert gemeinsames Kochen dieses instinktive Gemeinschaftsgefühl. Wir verbringen miteinander Zeit, stärken und nähren uns als Gemeinschaft und schaffen dabei etwas Neues.

Entstehung der ersten Kochbücher und Kochkurse

Früher wurde die Art der Verarbeitung von Lebensmitteln – das, was wir heute als Rezepte kennen –  von Generation zu Generation weitergegeben, Kochen war eine häusliche Tätigkeit und es gab private Rezeptsammlungen. Kochbücher waren handgeschriebene alltägliche Kostbarkeiten. Möglicherweise kennst auch du viele Tipps deiner Urgroßmutter (etwa das Einweichen von Bohnen) bzw. hast du vielleicht einige Familienrezepte vererbt bekommen. 

Im Frankreich des 19. Jahrhunderts schloss sich der Berufsstand der Köche erstmals gewerkschaftlich zusammen. Es entstanden Kochausbildungen in Kochschulen für Männer mit dem erklärten Ziel, das Kochen als Kunst anzuerkennen. Um 1901 erhielten schließlich auch Mädchen Kochunterricht, hier allerdings mit dem Schwerpunkt eine gute Ehefrau und Mutter zu sein. Im 20. Jahrhundert etablierten sich in Frankreich Hotelfachschulen unter dem Motto „Lebenskunst Gastronomie für alle“.

Wann Kochkurse aus dem rein “funktionalen” Bereich der Kochschule und des “Hausfrauendaseins” herausgetreten sind und sich als Hobby und Lifestyle etabliert haben, konnten wir leider nicht herausfinden. Falls du hier interessante Infos oder Quellen hast, lass es uns bitte wissen!

Wenn man heute “Kochkurse Wien” oder “gemeinsam kochen lernen” in die Suchmaschine eintippt, dann erhält man unfassbar viele Ergebnisse. Es finden sich Kochkurse für alle – egal welchen Geschlechts und egal mit welchem Ziel. Vom Amateur bis zum Hobbykoch, von der asiatischen Küche bis zum österreichischen Klassiker dürfen sich alle kulinarisch austoben. Wir finden das großartig!

Kulturelle Unterschiede beim Kochen und Essen

Alle Kulturen haben verschiedene “Regeln” und Gepflogenheiten beim Essen. Oft sind ja sogar innerhalb eines Landes große regionale Unterschiede zu erkennen. Hier ein paar anschauliche Beispiele für die unterschiedlichen und speziellen Besonderheiten:

In Polen kommt beispielsweise an Weihnachten immer ein zusätzliches Gedeck auf den Tisch – als Symbol für Verstorbene oder als Zeichen der Gastfreundschaft, sollte ein Bedürftiger an die Tür klopfen.

In den USA bleibt die linke Hand unter den Tisch (stammt aus früheren Zeiten, um den Colt griffbereit zu haben(!)), nachdem mit der rechten Hand die zuerst in mundgerecht geschnittenen Stücke gegessen werden. Zu Mittag kommt kein Alkohol auf den Tisch, dafür ist Pünktlichkeit und gute Stimmung bei harmlosem Smalltak besonders wichtig.

In asiatischen Ländern gibt es ein großes Angebot an unterschiedliche Speisen, die alle probiert werden sollen. Die Auswahl der Speisen bestimmt der Gastgeber, der Gast darf mit dem Essen beginnen. Schlürfen und Schmatzen sind ein erwünschtes Erkennungsmerkmal, dass es gut schmeckt. Rauchen bei Tisch ist ok, Nase putzen ist dafür ein absolutes No-Go. Angebotenen Alkohol nimmt der Gast dankend an. Wird der Teller leer gegessen, ist das ein Zeichen, dass er aufgefüllt werden soll. Nach dem letzten Bissen ist das Essen unverzüglich beendet.

In Japan wird (nicht nur) beim Essen auf keinen Fall über Gefühle gesprochen, über das Essen sollte man sich jedenfalls positiv äußern. 

In Frankreich werden auch bei der umfangreichsten Käseplatte maximal 3 Sorten ausprobiert und das berühmte Baguette wird gebrochen und keinesfalls geschnitten. 

In Russland sollte man immer einen Trinkspruch parat haben, der die Großzügigkeit des Gastgebers in den höchsten Tönen lobt und beim Essen muss kräftig zugelangt werden, während man sich verbal zurückhaltend geben sollte.

Kommt dir etwas davon bekannt vor? Bestimmt! Aber eventuell hast du ja auch persönliche Erlebnisse, die du mit uns teilen möchtest?

Die individuellen Esskulturen verändern sich im Laufe der Zeit. In früheren Zeiten bestimmten regionale Aspekte das Essen. Das, was zum jeweiligen Zeitpunkt verfügbar war, wurde zubereitet und gegessen. Und natürlich gab es enorme gesellschaftliche Unterschiede zwischen Reichen und Armen – eine Tatsache, die uns in letzter Zeit leider wieder einholt.

Heute ist bei uns beinahe alles, überall und zu jeder Zeit verfügbar. Weltweites Reisen führt zu einer Verschmelzung der Esskulturen und das vielfältige Angebot ermöglicht ganz eigene individuelle Ausprägungen, die nicht mehr an den gesellschaftlichen Normen hängen. Die soziale Komponente des Essens prägt aber auch in Zukunft jede Gesellschaft, jede Familie und jedes Individuum.